
Ursula Caberta hielt die Preisrede für
Robert S. Minton
Foto: Claudia Bartels |
Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Bob Minton, es ist
eine
große Freude und Ehre für
mich heute hier in Leipzig zu sein und für das
Europäisch-Amerikanische
Bürgerkomitee für Menschenrechte und Religionsfreiheit zu
sprechen.
Und dies aus einem besonderen Grund: der Ort: Leipzig!
Für eine Westdeutsche, im geteilten Deutschland
aufgewachsen,
ist es manchmal immer noch unfassbar, daß es jetzt völlig
selbstverständlich
ist, nach Leipzig zu fahren.
Ostdeutschland war für mich ein Gebiet, das mir
unbekannter
war als Spanien oder Dänemark. Immer wieder erlebe ich
ein
Glücksgefühl, sei es in Berlin, Schwerin, Jena oder Dresden. Und
diese
dankbare Freude gilt in großem Maße den Menschen der Stadt
Leipzig.
Diesen Menschen, die den Stasi-Staat DDR nicht mehr wollten, die
fü
r
sich den Anspruch auf freie Entwicklung ihrer Persönlichkeit, auf
Rede- und
Meinungsfreiheit erhoben haben. Die sich entschieden haben für
Menschenrechte
und Glaubensfreiheit. Die einen so hohen Anteil an der Wiedervereinigung
Deutschlands
haben. Danke dafür!
Und genau aus diesen Gründen ist diese Stadt für die
Verleihung des
Alternativen Karlspreises besonderer Ausdruck dafür, worum es
geht.
Denn wegen der Ideale, für die sich die Menschen in Leipzig
eingesetzt
haben,
verleiht das Komitee heute den Alternativen Karlspreis. Eigentlich
sollte
man denken, daß in freiheitlichen Demokratien, mit gewählten
Repräsentanten,
in einem funktionierenden Rechtsstaat die Gefahren durch totalitäre
Organisationen
eher gering sind. Eigentlich - davon bin ich überzeugt - sind
sie es
auch. Ein demokratischer Staat und die Menschen, die in ihm leben, haben
viele
Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Aber was müssen
wir
feststellen?
Antidemokratische Ideen, menschenverachtendes Gedankengut kommen unter dem
Deckmantel
einer angeblichen "Kirche" daher. Und das noch dazu aus dem Land der Welt,
das
wie kein anderes die persönlichen Freiheitsrechte proklamiert - aus
den USA.
Diese neue Form des politischen Extremismus hat einen Namen:
Scientology!
Das System Scientology handelt nach einer politischen Ideologie, die
Demokratien
in der ganzen Welt gefährden. L. Ron Hubbard und seine Nachfolger
haben mit
dieser Organisation einen Staat im Staate geschaffen. Scientology
proklamiert
die Freiheit der einzelnen und schafft gezielt Unfreiheit. Die
Aussage von
Hubbard, man befinde sich im Krieg, ist nichts anderes, als eine
Handlungsanweisung
für die Mitglieder. Mögen sie sich darüber im klaren sein
oder
auch nicht: Alle von Scientology eingesetzten Methoden dienen dieser
Kriegsführung:
- die Camouflage als "Religionsgemeinschaft";
- die pseudotherapeutischen Maßnahmen in den Kursen und Seminaren;
- die psychomanipulativen Techniken beim sogenannten Auditing;
- die Selbstdarstellung als verfolgte Minderheit;
- die Vereinnahmung von Prominenten zu Werbe- und
Verbreitungszwecken.
"The war ist over" verkündete David Miscavige nach der
Vereinbarung
zur
Steuerbefreiung mit der US-amerikanischen Steuerbehörde (IRS). Wenn
es
noch
eines Beweises bedurft hätte für die These der
Kriegsführung, spätestens
mit diesem Anspruch muß es allen deutlich geworden sein. Allen
denjenigen,
die es hören wollten. Aber registrieren mußten wir hier
in
Europa,
daß in den Vereinigten Staaten von Amerika entweder einige nicht
hören
oder nicht verstehen wollten. Eine Anzahl von dortigen politischen
Repräsentanten
übernahm nach der Steuervereinbarung - wie soll ich es ausdrü
cken
-
unreflektiert oder einfach uninformiert die Kriegsstrategie der
Scientology-Organisation.
Als Scientology ihre unsägliche Diffamierungskampagne gegen die
Bundesrepublik
Deutschland begann, die die Aufklärungsarbeit als den Anfang eines
neuen
Holocaust bezeichnete, hoffte so mancher in Deutschland - ich auch -,
diese
Aktion
würde zu Protesten führen. Diese Kampagnen, die nicht nur eine
Verunglimpfung
von Repräsentanten dieser Republik darstellten, sondern vor allem
eine
Beleidigung
der Opfer Nazi-Deutschlands waren, führten aber leider nicht dazu, in
den
USA darüber nachzudenken, warum es in der Vergangenheit auch dort
durchaus
eine kritische Haltung gegenüber dem System Scientology gab.
Nein - ganz im Gegenteil: Erst vor kurzem: Der neugewählte
Bundespräsident
Johannes Rau ist bei seinem Antrittsbesuch in den USA gezwungen, sich zur
Scientology-Organisation
zu äußern. Er tat dies - wie in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung
(FAZ) nachzulesen war - dankenswerter Weise sehr eindeutig.
Jetzt ist feststellbar: die Deutschen sind nicht nachtragend.
Dem
Präsidenten
der Vereinigten Staaten Bill Clinton wurde der Karlspreis verliehen. Ein
Preis,
der dazu bestimmt ist, Menschen auszuzeichnen, die Demokratie,
Menschenrechte
und die gemeinsamen Werte Europas fördern.
Es ist nicht so, daß ich ihm diesen Preis nicht gönne, aber
angesichts
der menschenverachtenden Praktiken in Scientology, angesichts der vielen
Opfer
dieser Organisation, in den USA und weltweit und angesichts der
geschilderten
- vorsichtig ausgedrückt - unkritischen Übernahme von Argumenten
der
Scientology-Organisation gegenüber europäischen Staaten wie
Bundesrepublik
Deutschland und Frankreich galt es, ein deutliches Zeichen zu
setzen.
Ein Zeichen dafür, daß es auch und gerade in den USA
Menschen gibt,
die der Einschätzung europäischer Staaten hinsichtlich der
Scientology-Organisation
folgen. Die häufig genug uns in Europa in unserer Auseinandersetzung
und
in der Aufklärungsarbeit bestärken.
Deswegen verleihen wir heute einen "alternativen Karlspreis". Und wir
verleihen
ihn voller Freude und Stolz an einen Bürger der Vereinigten Staaten
von Amerika,
der nicht hinnehmen wollte, daß es in seinem Heimatland dieser
Organisation
möglich sein soll, alle Opfer und Gegner mundtot zu machen; an einen
US-Bürger,
der sich für gleiche Rechte in den USA einsetzt, der erkannt hat,
welche
Gefahren durch Scientology für Menschen und für die
freiheitliche
Demokratie
entstehen können.
Die Festversammlung erhob sich zu
den Hymnen
der USA "The Star Spangled Banner"
und Europas "Freude, schöner Götterfunken"
Foto: Claudia Bartels |
Lieber Bob Minton,
Dein Engagement in den USA ist beispielhaft. Durch Deine
Aktivität
- nicht zuletzt die Gründung des Lisa McPerson Trustes - haben wir
hier in
Europa wieder Hoffnung geschöpft; Hoffnung darauf, daß es auch
in den
USA wieder gelingen möge, deutlich zu machen, wie gefährlich
Scientology
ist; Hoffnung darauf, daß die politischen Repräsentanten Deines
Landes
begreifen, daß totalitäre Systeme wie diese schleichend ihre
Ideologie
über die Köpfe ihrer manipulierten Mitglieder verbreiten.
Wahrscheinlich - nein ich bin sogar sicher - ist es in den Staaten
schwieriger
als in Europa, die Gefahren zu verdeutlichen. Denn wir wissen, wovon wir
reden.
Insbesondere in Deutschland.
Aufgrund unserer Vergangenheit wissen wir eins: Nie wieder wollen wir
in einem
Staat leben, in dem die Würde des Menschen nicht geachtet wird, in
dem
Rede-
und Meinungsfreiheit untersagt ist, in dem Religions- und Glaubensfreiheit
unterbunden
wird. Dies alles wäre soweit, wenn Scientology das politische
Ziel
erreicht: Clear Planet, d.h. einen von Andersdenkenden gesäuberten
Planeten.
Du stehst in den USA dafür, daß dies nicht geschehen
soll.
Dafür möchten wir Dir danken, Dir Kraft und Mut wünschen
und
Dir sagen, daß dieser Preis auch Ausdruck unseres Respekts ist und
Du
und
alle, die in den USA Menschenrechte und Meinungsfreiheit gegen Scientology
verteidigen,
auf uns hier in Europa immer zählen können.
Text der Urkunde |
Am 3. Juni 2000 wurde in Leipzig
der Menschenrechtspreis des Europäisch-Amerikanischen Bü
rgerkomitees
für Menschenrechte und Religionsfreiheit in den USA
- Alternativer Karlspreis 2000 -
an den Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika
Robert S. Minton
verliehen in Würdigung seines von Mut und Bürgersinn
geleiteten
Angagements
für die Opfer der Scientology
seines Einsatzes für Menschenrechte
und Meinungsfreiheit in den USA
und als Ausdruck unserer Unterstützung für das amerikanische
Volk
dafür,
den Verletzungen der Menschenrechte durch die totalitäre Scientology-
Organisation
ein Ende zu setzen.
Für das Komitee - Unterschriften |
On the 3rd day of June in the year 2000 in Leipzig, Germany,
the
European-American Citizens Committee for Human Rights and Religious
Freedom
in
the USA presented ist
Human Rights Award,
the Alternative Charlemagne Award 2000
to Robert S. Minton
in appreciation
- of his involvement, led by his courage and sense of civil duty, on
behalf
of the victims of Scientology
of his efforts towards human rights and freedom of expression in the USA,
- and as an expression of our support for the American people
in putting
human rights violations by the totalitarian Scientology Organization to an
end.
for the Committee /signatures/ |
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